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Cookies – einfach nur lästig? (eine kleine Geschichte)

cookies
Foto: Hjalmar Senger

Klicken Sie beim Besuch einer Website das nervige Banner: „Diese Website verwendet Cookies“ auch immer einfach weg?

Das kann ich gut verstehen! Schließlich möchten Sie direkt zum Inhalt der Seite kommen und sich nicht mit Cookies beschäftigen - es sei denn, Sie haben gerade Schoko-Cookies in greifbarer Nähe 😉

Aber mal eine Frage: Wissen Sie wozu Sie beim Klick auf „Ok“ zustimmen? Nicht wirklich? Hm, dann will ich es Ihnen im Folgenden mit einer kleinen Geschichte erklären. Sie verstehen dann sehr schnell, was Cookies sind und wozu sie dienen. Und das ohne technische Erläuterungen. Versprochen.

Lesen Sie, was Frank und Julie auf mehreren Partys erlebt haben.

Die Party: das erste Cookie

Frank besucht – nein, diesmal nicht eine Website, sondern Wibke, die eine Party gibt. Auf dieser Party stöbert Frank in Wibkes Bücherregal. Er blättert in einem Reiseführer über Island und als Julie ihn zum Tanzen auffordert, lässt er das Buch aufgeschlagen liegen. Julie schwärmt seit ihrer Kindheit für Petticoats und ist aufgrund ihrer Vorliebe für Swing aktiv in einem Tanzsportverein.

PartyTime mit Swing
Bild: LaInspiratriz/shutterstock.com

Wibke, die Gastgeberin, notiert auf einem abgerissenen Schnipsel Geschenkpapier: „Frank tanzt Swing mit Julie, die ein gelbes Kleid mit roten Punkten trägt und eine gelbe Schleife mit kleinen roten Herzchen ins hochgebundene Haar gesteckt hat. Frank und Julie tanzen fast die ganze Nacht, trinken zusammen Sekt und bedienen sich reichlich am Büfett.“

Nach der Party legt Wibke das abgerissene Stück Geschenkpapier als Lesezeichen in das Buch und stellt es zurück ins Bücherregal. Zuvor notiert sie sich noch den Titel des Buchs auf der Rückseite eines Kassenbons. Sie findet noch den alten Magneten mit Franks Namen und heftet die Notiz an die Kühlschranktür.

Der Besuch danach: Wibkes Cookie
Polarlicht Island
Foto: Monika Zeevaert-Senger

Beim nächsten Besuch von Frank überrascht Wibke ihn nicht nur mit dem an der richtigen Stelle aufgeschlagenen Buch, sondern zeigt ihm Polarlichter und andere Fotos von Ihrer Island-Reise. Frank fühlt sich von Wibke besonders geschätzt, was Wibke natürlich sehr freut.

Die Lesezeichen und Notizen dienen Wibke dazu, aufmerksam gegenüber ihrem Gast zu sein. Ob sie dazu die Notizen zu Julies gelbem Kleid mit roten Punkten und der durchtanzten Nacht benötigt, ist eher unwichtig. Viel interessanter ist die Frage:

Was passiert weiter mit den Lesezeichen und Notizen?

Im Idealfall vernichtet Wibke sowohl Lesezeichen, als auch Notizzettel, sobald diese ihre Zwecke erfüllt haben. Doch was macht Wibke?

Weitere Partys: weitere Cookies im Schneeballsystem

Wibke kann der Versuchung nicht widerstehen:

  • Beim nächsten Besuch notiert sie weitere Einzelheiten zu Frank. Vielleicht schlägt er ja ein weiteres Buch auf, erzählt ein Erlebnis oder von seinen Hobbies.
  • Auch für Julie möchte Wibke die perfekte Gastgeberin sein und deckt den Tisch beim nächsten Besuch mit einer rotgetupften gelben Tischdecke. Und selbstverständlich notiert sie sich auch von diesem Besuch weitere Details.
  • Da Wibkes beste Freundin Bettina demnächst auch eine Party geben möchte, bittet sie Wibke um Informationen zu ihren Gästen. Sie fragt allerdings nicht nur ihre beste Freundin, sondern bittet auch die andere beste Freundin, Miriam, um Details zu den Gästen.
  • Miriam weiß von Frank, dass er gerne segelt und letztes Jahr im Urlaub einen Schnupperkurs Gleitschirmfliegen gebucht hatte. Bettina bastelt deshalb kleine Segelschiffe als Tischdekoration.
  • Berauscht vom Party-Erfolg sammelt Bettina fortan auf jeder Party alle kleinen Papierschnipsel. Sie ergattert Telefonnummern, Verabredungen und jede Menge andere Notizen, die sie penibel in eine Excel-Tabelle einträgt. Dabei versucht Bettina die verschiedenen Informationen den verschiedenen Personen zu zuordnen. Und sie entdeckt dabei, wie sie aus anscheinend harmlosen Informationen Rückschlüsse auf Alter, Gesundheit, Charakter und Vorlieben ziehen kann. Es grenzt an Suchtverhalten: Bettina besticht sogar entfernte Freundinnen, um auf möglichst vielen Partys Neuigkeiten der Gäste auf ihre Papierschnipsel notieren zu können. Und weil ihr die vielen Partys irgendwann zu teuer werden, verkauft sie die gesammelten Informationen über ihre Gäste, die Gäste ihrer besten Freundin und die Gäste ihrer besten-besten Freundin … an eine, sagen wir mal, Werbeagentur.
Die Auswirkungen: nun tanzen die Cookies
  • Frank freut sich über gelegentliche Prospekte zu Fotoreisen und Skandinavien Urlaube und Julie kann sich vor Petticoat Angeboten kaum retten.
  • Beide finden es irgendwann ein wenig nervig, dass auf jeder Party Swing gespielt wird, sobald sie den Raum betreten.
  • Auch die Werbung für eine Freizeitversicherung, die ihm schnelle Hilfe beim Gleitschirmflugunfall verspricht, nimmt Frank so hin.
Das Ende vom Lied: Cookies außer Rand und Band
  • Frank wird erst misstrauisch, als ihm der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit dem Hinweis auf sein gefährliches Hobby (Schnupperkurs wohlgemerkt!) verweigert wird und er den begehrten Job nicht erhält - mit dem Hinweis auf seine zu erwartenden Fehlzeiten durch Freizeitunfälle.
  • Auch Julie macht sonderbare Erfahrungen. Sie erhält zu ihrem dreißigsten Geburtstag mehrere Angebote zum Testen der neuesten Hörgeräte-Generation und fragt sich, warum sie so viele Prospekte über „Alltagshilfen für Senioren“ und „Wohnen im Alter“ erhält. Möglicherweise hatte sie auf einer Party in einer Zeitschrift geblättert und ganz zufällig einen Artikel über Hören aufgeschlagen liegen gelassen. Dabei war es doch so nett, bei jeder Party gleich die richtige Musik, das Lieblingsbüfett und die wunderschöne gelbe Deko mit den roten Herzchen vorzufinden.
Das Fazit: Cookies ja, aber …

Für Frank war es bequem, dass Wibke sich die Buchseite gemerkt hat, so brauchte er sich selbst keine Notizen zu machen. Auf den Gedanken, die Lesezeichen selbst wieder einzusammeln und eigenhändig zu vernichten, ist Frank gar nicht erst gekommen. Wie hätte er das auch machen sollen?

Bettinas Partys waren sensationell. Sie hatte sogar einen Hinweis in der Diele, dass sie Papierschnipsel verwendet und wenn der Gast eintritt, er damit einverstanden ist. Die Verlockung der tollen Partys war zu groß, um sich über den Hinweis Gedanken zu machen.

Es ist in der Tat unbequem, Cookies zu hinterfragen. Und glauben Sie mir, Cookies einfach komplett abzuschalten, wie es in Datenschutzerklärungen gerne vorgeschlagen wird, ist auch nicht die Lösung.

Und Sie haben jetzt - ganz ohne technische Erklärung - verstanden, was Cookies sind und wozu sie benutzt werden.